Female voice in acoustic archives
Im Herbst 1994 erschien in der Zeitschrift „Kunstforum International Bd.127“ ein auf zwei Folgen angelegter Schwerpunkt „Konstruktionen des Erinnerns. Transitorische Turbulenzen“ mit Beiträgen im Umfang von rund 100 Seiten. Einer der Texte trägt den Titel „Total Recall. Erinnern und Vergessen in der Musik“, von Mathias Fuchs. Wir können uns hier also auf einen echten Vorläufer der gegenwärtigen Konferenz berufen, mitsamt seiner akustischen Dimension.
In seiner 40seitigen Einleitung rekapitulierte der Herausgeber Hans Ulrich Reck, Medienforscher aus Köln, den damaligen Stand der Reflexion unter Heranziehung der Klassiker, also vor allem: Friedrich Nietzsche, Vom Nutzen und Nachteil der Historie, Henri Bergson, Materie und Gedächtnis, Ernst Bloch, Geist der Utopie, Jorge Semprun, Was für ein schöner Sonntag, Jean Baudrillard, Die Reversion der Geschichte; Henri Pierre Jeudy, Die Welt als Museum, Rupert Sheldrake , Das Gedächtnis der Natur – und viele andere.
Ein enormes Panoroma der intellectual history zum Thema Gedächtnis und Erinnerung also, das bis heute seine Verbindlichkeit kaum verloren hat, aber doch auch in völlig verschiedene Richtungen weist. Wer wie Nietzsche der Geschichte überdrüssig ist, weiß nichts vom Erinnerungsbegehren eines KZ Insassen wie Semprun oder deren Reflexion durch den Künstler Boltanski; wer wie Bergson und Sheldrake der Materie selbst Gedächtnis zuschreibt, nähert sich schon den heutigen Experimenten mit der DNA als Chipausstattung und bewegt sich damit auf einem anderen level als Ästheten und ComputerFreaks. Oder etwa nicht?
Die neuere Gedächtniskultur, nein, der neuere Gedächtnisdiskurs zielt doch gerade ab auf das Phänomen der Speicherung, nicht etwa des Auswendiglernens in einem Curriculum oder der Rituale des Gedenkens, dafür sind Kunst und Kulturwissenschaft im Sinne von Aleida und Jan Assmann zuständig. Sie liefern, historisch womöglich in letzter Minute, Kriterien der Auswahl, der Selektion, und das Inhaltsverzeichnis des Kunstforumbandes von 1994 zeigt die Bandbreite dieser altmodischen Reflexion, die noch das Phänomen der Handschrift als Speichermedium kennt, sich auf Denkmäler im Raum einlässt oder auf die Landschaft oder das Reisen in ihr als Topographie der Erinnerung oder die Lehre von den Archetypen, ihrerseits inspiriert von den Elementargedanken des Ethnologen Adolf Bastian, dem langjährigen Direktor des Berliner Völkerkundemuseums, die aber aber auch neben Aby Warburgs empirischen Pathosformeln stehen.
In den fast zehn Jahren, die seither vergangen sind, hat unsere Medien- und Unterhaltungskultur zwar eine fanatische Gedenkpraxis entwickelt – freie Autoren können ein Lied davon singen, da kaum noch ein Redakteur sich auf ein Thema einlässt, das nicht in den Rahmen einer Chronik passt –, aber in Wahrheit hat sich technisch doch gerade das Paradigma der elektronischen Speicherung durchgesetzt, und ihre beständig wachsenden Kapazitäten erzeugen den Eindruck der zwanghaften Bestandsaufnahmen von allem und jedem, also dem Gegenteil von selegierender Kultur. Und wenn man genau hinsieht, beherrschen diese Bestandsaufnahmen, die uns nun eben heute in tiefes Entsetzen über die angelsächsischen Überwachungsfilter stürzen, doch schon seit Beginn der Internet- und Computertechnik, nur von den echten Auguren schon früh erkannt.
Wer die Ausgangsposition von Hans Ulrich Reck mit frühen Sätzen aus der Welt Marshall McLuhans vergleicht, wird über die Ähnlichkeit der Aussagen verblüfft sein, trotz der rund 30 Jahre, die zwischen ihnen liegen.
In dem nicht nur ironischen Büchlein The Medium is the Massage – Massage mit zwei a geschrieben – von McLuhan und Quentin Fiore von 1967 – dessen Gestaltung übrigens das genaue Vorbild von Alexander Kluges dctp Sendungen wurde – heißt es:
„Elektrische Informationsmittel, die eine umfassende tyrannische Überwachung von der Wiege bis zur Bahre gewähren, verursachen einen sehr ernsten Konflikt zwischen unserem Anspruch auf eine Privatsphäre und dem Bedürfnis der Gesellschaft, über uns Bescheid zu wissen. Die älteren, traditionellen Vorstellungen von einem privaten, isolierten Denken und Handeln – nach dem Muster mechanistischer Techniken – werden aufs schwerste von den neuen Methoden des sofortigen Informationszugriffs, den elektrischen Datenspeichern der Computer bedroht: eine einzige große Klatschspalte, die nichts vergibt, nichts vergißt und bei der nichts wieder gutgemacht noch frühere „Fehler“ getilgt werden. Wir haben schon den Punkt erreicht, an dem Hilfsmaßnahmen getroffen werden müssen: Kontrollmaßnahmen, die sich aus einer Kenntnis der Medien und ihrer Gesamtwirkung auf uns alle ergeben. Wie soll die neue Umwelt programmiert werden, jetzt, da wir dermaßen ineinander verstrickt sind, jetzt, da wir alle unwissentlich zur Triebkraft des gesellschaftlichen Wandels geworden sind?“ Seite 12
Und so beginnt rund 30 Jahre später Hans Ulrich Reck:
„Der Computer registriert wie selbstverständlich. Alles, jederzeit, dauerhaft, ohne Zu- oder Abneigung. Willenlos und stumpf. Er verfügt nicht über einen der wesentlichsten Sinne: Idiosynkrasie ist ihm fremd, Löschen prinzipiell ein Greuel. (…) Die Zeiten, Vergessen für einen Gegenstand wählenden Willens zu halten, sind wohl bald endgültig vorüber. Es braucht kein ‚als ob‘ des Vergessens mehr: Die Kapazitäten sind ausgereizt, die Speicher trotz vorgeblich unbegrenzten Fassungsvermögens voll. Es fehlen die Selektionskriterien.“ Seite 82
Dieser Satz und diese Beobachtung sind umso paradoxer, als die Hauptrolle in diesem Speicherwahn ja das Idol der Suchmaschine spielt, also der Inbegriff der wählenden Aktivität. Aber Reck hat natürlich recht: Die Suche nach etwas mag ja noch von uns kommen, von menschlichen Subjekten, aber die Antworten stammen von Automaten, die uns gleichzeitig als Konsumenten profilieren, während wir auf der Verzehrfläche gerade noch fieberhaft Gedenkfeiern einrichten und Jubiläen begehen, um das Gedächtnis auf menschlichem Maß zu halten.
Kurz, die Fachleute sind sich offenbar seit Jahrzehnten einig, man kann den Lauf der digitalen Dinge nicht mehr verändern, dazu hat er sich übrigens auch zu innig mit der Spielfreude der User legiert, schließlich sind es vor allem Computerspiele und pornographische Devices, die diese Technologie vorantreiben. Als nicht professioneller IT User kann man diesen Lauf womöglich nur noch bewachen und kommentieren.
Einen solchen Kommentar möchte ich in der Folge anbringen, aus dem Geist des erwähnten Essays über „Total Recall in der Musik“, bzw. in der Welt der Töne, genauer der tönenden Stimmen. Hintergrund ist das dramatisch anwachsende Forschungsgebirge, das sich unter dem Titel der „Sound Studies“ auf die akustischen Phänomene unserer Lebenswelt insgesamt bezieht, also nicht nur auf menschengemachte Klänge. Ohne Zweifel ist der acoustic turn eine aufregende, ertrag- und einflussreiche Disziplin der Kulturwissenschaft geworden, zumal angesichts der Tatsache, dass auch und gerade akustische Phänomene seit fast 150 Jahren eben nicht mehr vergänglich sondern speicherbar sind. So kommt es zu der paradoxen Szene, dass ausgerechnet jenes Medium, das am stärksten mit dem menschlichen Körper assoziiert ist, das uns gegenseitig am intensivsten einer lebendigen Leibhaftigkeit versichert, etwa wenn wir uns auf ein face-to-face-Gespräch einlassen, dass ausgerechnet dieses Medium am weitesten in das Feld der Gespenster führt. Akousmatische Effekte, wie sie der Filmwissenschaftler Michel Chion beschrieben hat, werden im Film zwar durch das Bild agierender Körper illusionistisch ergänzt; aber was wir aus dem Telefon, aus der Schallplatte, aus dem Radio hören, hat eine Art überirdischer Irrealität, eben Körper- und Ortlosigkeit in den Duktus der Kommunikation gebracht.
Historisch gesehen müsste man sagen: eigentlich wird hier nur der Modus des Briefeschreibens aufgenommen. Auch der Brief erscheint ohne leibhaftigen Urheber, auch der Brief ist ortlos, kann überall hingetragen werden, auch der Brief oszilliert zwischen einer illusionistischen Performance und einer dringlich individuellen, ja existenziellen Angelegenheit, je nachdem, welche Nachricht er enthält. Der Koeffizient der Lebendigkeit wird mithin vom Brief mehr oder minder abgeschafft. Nur Briefpartner, die wir gut kennen, können wir beim Lesen gleichsam sprechen hören, alle andern bewirken imaginäres Leben durch ihren Stil, während schiere Information, das zweite intellektuelle Gespenst von heute, nicht spricht, sondern Daten verschaltet im Leser- oder Hörerhirn.
Unter allen gespeicherten Klängen spielt die menschliche Stimme auch deshalb eine Sonderrolle, weil sie am Beginn der Speichertechnik steht. Edisons Stimme auf der ersten Aufnahme, die krächzend „Mary had a little lamb“ intoniert, ist von der Forschung schon überholt worden; die wirklich erste Aufnahme soll nun schon um 1860 gelungen sein: man hört eine Frauenstimme „Clair de la Lune“ intonieren. Auf die Frauenstimme komme ich gleich zurück.
Wie dem auch sei: Aufnahmen von sprechenden Menschen sind inzwischen Legion. Sie stammen aus ethnologischer und linguistischer Feldforschung, aus der Dichter- und Märchensphäre, aus Theater- und Hörspielwelt, aus Politik, Alltags- und Sozialforschung. Die erste dezidierte Sammlung solcher technischen Dokumente kommt von dem Amerikaner Robert Vincent, der 1962 der Michigan State University eine Collection von 8000 Aufnahmen übergab, Grundlage der späteren Robert Vincent Voice Library mit heute über 40tausend Stunden gesprochener Rede aus dem Munde von rund 100tausend Menschen, aufgenommen seit 1888.
Vincent, geboren 1898, war ein Sound Ingenieur und Pionier von Tonaufzeichnungen. Schon als Vierzehnjähriger trug er ein Wachswalzengerät zu Präsident Roosevelt und brachte diesen dazu, hineinzusprechen. Das war der Anfang seiner privaten Sammlung berühmter Stimmen. Nach seinem Studium ging er zu Edison Laboratories, im 2. Weltkrieg trat er in die Armee ein und richtete das Armed Forces Radio Service ein; nach dem Krieg diente er als Sound Officer bei den Nürnberger Prozessen. Ihm verdankt man auch die erste Aufnahme der ersten Sitzung der UN im Jahre 1945.
Die europäische Geschichte von akustischen Sammlungen beginnt 1936, mit der ersten Diskographie eines Jazzmusikers namens Charles Delauny. Mit ihm kam der Begriff der Diskographie, als dem akustischen Äquivalent einer Bibliographie im Printbereich, überhaupt erst ins Spiel. Bis zur amerikanischen Ausgabe 1943 hatte sich der Terminus schon verbreitet, allerdings nur für 78er Schellackplatten mit Musik, nicht mit Sprechstimme.
Ein Jahr nach Erscheinen der französischen „Hot Diskography“ kam 1937 Rainer Lotz in Deutschland zur Welt – ein ungewöhnlich begabter Jazzhistoriker, Entwicklungshelfer, Politologe und Toningenieur in einer Person. Ihm verdankt man eine gewaltige Serie von Diskographien mit Verzeichnissen von musikalischen, ethnologischen Aufnahmen und eben auch Sprachaufnahmen. Die vierte Serie hieß: „Discography of German Spoken Word Recordings“ erschien 2004 im Selbstverlag, wie die andern Bücher auch, und bezog sich auf Stimmenaufnahmen auf Schellackplatten seit der Jahrhundertwende. Die Serie 4 bestand aus vier Einzelbänden, drei davon mit jeweils 288, der vierte mit 592 Seiten.
Mitarbeiter an diesem opus magnum war Walter Roller, der langjährige Leiter des Deutschen Rundfunkarchivs, der dort ab 1997 eine eigene Serie mit originalen Tondokumenten auf CD inaugurierte, die unter dem Titel „Stimmen des 20. Jahrhunderts“ auf inzwischen über 30 CDs angewachsen ist. Und hier beginnt nun endlich meine spezielle Perspektive auf die Geschichte der Sprecharchivierung. Sie betrifft die Rolle der Frauenstimme darin.
Frauenstimmen sind natürlich immer schon gewürdigt, ja geradezu angehimmelt worden, wenn man die Urteile über Sängerinnen bedenkt, angefangen von den griechischen Sirenen, die noch heute, von Adorno über Sloterdijk bis zu Kittler fast mythischen Status genießen. Aber Frauen haben bekanntlich nicht nur gesungen oder als Klageweiber geweint, sondern auch ganz normal gesprochen. Aber schlägt sich das nieder in der Geschichte der Schallarchivierung? Und wenn ja, wie?
Rollers Sammlung markierte den Beginn einer Geschichtsschreibung anhand akustischer Quellen; es war historisch gesehen eine meisterhafte Reaktion auf die Zusammenführung akustischer Dokumente nach dem Mauerfall, unter anderem auf die außerordentliche Erweiterung des Berliner Phonogrammarchivs durch Rückgaben aus Russland. Nun ließen sich zahlreiche Aufnahmen zu einem Schallbild der Geschichte zusammenfügen, die ideale Grundlage für Schulen und Universitäten, und in gewisser Weise ein Vorbild für den Flensburger Historiker Gerhard Paul, der in wenigen Wochen sein Buch über den „Sound des 20. Jahrhunderts“ herausbringen wird, mit 100 Beispielen von 100 verschiedenen Klangereignissen zwischen 1900 und 2000.
Rollers Serie hat auch viele musikalische und Geräuschproben aufgenommen, die meisten allerdings doch dem gesprochenen Wort gewidmet. Die CDs sind überwiegend thematisch orientiert: „Preußen in Weimar“, „Der Klang der Zwanziger Jahre“, „Kapitulation und Wiederaufbau“, „Überleben im Nachkriegsdeutschland“ heißen einige Titel. Die meisten CDs umfassen zwischen 20 und 40 Takes für je 70 Minuten Spieldauer, also insgesamt maximal 900 Takes und 2100 Minuten Hördauer. „Frauenstimmen“ waren nun in dieser Auswahl so minimal vertreten, dass sich die Redaktion entschloss, eine eigene CD unter diesem Titel, anzufertigen. 41 verschiedene Frauenreden wurden versammelt, die alle etwas, wenn nicht überhaupt nur etwas zum Thema Emanzipation zu sagen hatten. Es war dies also eigentlich also kein historischer, sondern ein anthropologischer Titel. Die übrigen weiblichen Stimmproben im Gesamtprojekt brachten und bringen entweder Sängerinnen oder Schauspielerinnen mit fremden Werken zu Gehör; selbst die CD „Überleben im Nachkriegsdeutschland“ lässt in 28 Takes nur zwei Frauen sprechen, davon sogar nur eine aus der Welt der „Trümmerfrauen“, denen die westdeutsche Gesellschaft ihr eigentliches Überleben verdankt.
Es handelt sich um stimmliche Dokumente zur Emanzipation – so als habe man das Wort „Frauenstimme“ nur symbolisch verstanden, nur im Sinne eines abzugebenden Votums, nicht aber im Sinne einer physischen Aktivität – ein im angelsächsischen Bereich überaus geläufiges Verfahren. „Voice“ heißt hier immer nur „Stimmabgabe“, also „vote“, und eben deshalb wird die CD Nr. 9 von der ersten Aufnahme einer britischen Frauenrechtlerin namens Christabel Pankhurst eröffnet, eben mit einem Plädoyer für die Stimme als vote aus dem Jahr 1908. Und es folgen in chronologischer Folge zum Thema gesprochene Reden bekannter und weniger bekannter, ja auch vergessener Frauen. Da es in Deutschland ab 1918 ein Stimmrecht für Frauen gab, kamen seit der Erfindung des Radios nicht wenige Reden direkt aus dem Parlament. Zu Wort kommen auf dieser CD also politisch früh Prominente wie Elisabeth Selbert (SPD) zur Gleichberechtigung der Frau im neuen Grundgesetz von 1949; Elisabeth Noelle-Neumann zur Erfindung der Demoskopie; Beate Klarsfeld, die Kiesinger ohrfeigte; Margarete Mitscherlich, die Psychoanalytikerin und Koautorin des Buches über Die Unfähigkeit zu trauern; Ulrike Meinhof, Alice Schwarzer und viele andere.
Ein Who’s Who öffentlich auftretender Frauen schlechthin, vereint unter dem gemeinsamen Thema der Frauenemanzipation. An der Auswahl dieser CD ist also nichts zu tadeln. Freilich sind es ganz überwiegend Frauen der politischen und kulturellen Elite; die anderen, hier nicht vertretenen, müssen von anderen Medien – Printmedien und Film – erinnert werden und werden es ja auch. Denken wir nur an die Trümmerfrauen ab 1945, hier nur mit einem einzigen Interview vertreten, oder an die vielen Kriegswitwen und deren Töchter, die sich oft Ehe und Kinder versagt haben, um ihren Müttern zu helfen, etc. All diese Frauen sind im eigentlichen Sinne nicht vergessen, weder von den Historikern noch von den Fotografen oder Filmemachern. Nur stimmlich scheinen sie nicht genügend interessant, um ihre lebendige Rede zu überliefern. Offenbar jedoch nicht nur sie.
Denn die Frage bleibt: Warum konnten die Stimmen der politischen Köpfe, die man in dieser Tonanthologie versammelt hat – Rosa Luxemburg, Simone de Beauvoir, Alice Schwarzer, Carola Stern, Marion Gräfin Dönhoff –, nicht auf die übrigen 30 Schallplatten verteilt werden? Längst nicht alle Reden, die Frauen gehalten haben, handeln ja von Gleichberechtigung oder Frauenfragen. Und selbst wenn: Warum musste man dieses Thema ausgliedern? Und warum ausgerechnet von einem der Aufklärung so verpflichteten Medium wie dem Rundfunk, wenn man die Rolle der Nachrichten, also die Informationspflicht des Mediums bedenkt?
Eine Erklärung dazu wird von den Herausgebern nicht gegeben, vielleicht weil sie ihnen zu offensichtlich erschien. Tatsächlich waren ja in der Frühzeit des Radios und der Aufzeichnungssysteme überhaupt Frauen nur sehr selten öffentlich zu hören, und in die Studios, zur Nachaufnahme, kamen wie gesagt eben meist nur Männer.1 Von den Verhältnissen in der Sowjetunion abgesehen, die diese Technik schon viel früher und grandioser ausgearbeitet hat, bilden, wie schon eingangs gesagt, Sängerinnen und Schauspielerinnen die große Ausnahme. Erste Schallplatten mit Opern- oder Liedaufnahmen gibt es natürlich schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts, und sie haben ihre Gemeinde gefunden.
Kurz, die Frau, die öffentlich eine Stimme im zweifachen Sinne – politisch wie physisch – besitzt, diese Stimme aber weder in Maschinen eingeflochten noch auf Unterhaltungsbühnen präsentiert hat, diese Frau ist in der Geschichte der Archive, jedenfalls unserer deutschen, ein seltsam blinder Fleck. Und dies noch jahrzehntelang nach Erhalt des Frauenstimmrechts. Fast möchte man von einer hartnäckig beibehaltenen Technik der „stillen Post“ reden, wie sie Christina von Braun in ihrer Familiengeschichte beschreibt: Die Frauen sprachen und erzählten zwar unablässig, doch in die öffentliche Geschichte drang davon fast kein Laut. Selbst die neuerdings anwachsende Würdigung jener Konversationsmaschine, die unseren alltäglichen Realitätssinn am Leben erhält, nämlich der Klatsch, konnte die Frau bisher nicht in den theoretischen Wertehimmel versetzen. Die Rede im öffentlichen Raum wie auch ihre theoretische Reflexion ist einfach ‚Männersache’ oder war es zumindest bis zu Beginn der 1970er Jahre.
Eine akustische Geschichtsschreibung, die sich auf akustische Medien beschränkt, hat also feste Grenzen. Einerseits verkürzt sie höchst pragmatisch ihren Zeitraum, denn sie kann ja überhaupt erst mit der Erfindung von Speichertechniken beginnen, also frühestens im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Andererseits ist sie völlig abhängig von den technischen Vorgaben, den vorhandenen Quellen. Was für eine Geschichte des 20. Jahrhunderts liefern diese Quellen, was könnten sie liefern, und was wurde letztendlich überliefert? Das Verzeichnis von Rainer Lotz kennt noch 2004 nicht mehr als 33 Frauenstimmen neben 355 Männerstimmen – also weniger als zehn Prozent. Sind das nun alle vorhandenen Stimmbestände oder wurde eine Auslese vorgenommen? Möglicherweise gibt es viele Aufnahmen von Märchenerzählerinnen, die nicht weiter bekannt wurden und deshalb auch hier fehlen. Möglicherweise gab es aber auch ein bias, ein Gendervorurteil.
Der hier am Deutschen Radioarchiv gewonnene Eindruck bestätigt sich nämlich bei Recherchen in anderen Archiven. Bis zur Jahrhundertmitte sind hier fast immer die weiblichen Stimmen unterrepräsentiert, gemessen an der ungeheuren Rolle der Frauenstimme in Oper und Theater, gemessen aber auch an den tatsächlich aufgenommenen Stimmproben. Das gilt auch für die volkskundlichen Aufnahmen. Eines der bekanntesten Archive für Volksstimmen in Freiburg teilt auf Anfrage mit, dass die bibliographischen Register der frühen phonographischen Aufnahmen von Folklore keine Markierungen von weiblicher oder männlicher Stimme besitzen. Der Unterschied ist offenbar unwichtig. Auch ein Blick in internationale Lautarchiv-Abteilungen zeigt, dass die Frauenstimme so gut wie nicht überliefert wurde. Das Berliner Lautarchiv etwa hat in seinen drei Abteilungen Stimmen der Völker, Deutsche Mundarten und Stimmen berühmter Persönlichkeiten nahezu ausschließlich Männerstimmen archiviert – verständlich, denn was hier euphemistisch „Stimmen der Völker“ genannt wird, sind in Wahrheit Aufnahmen aus den Kriegsgefangenenlagern des Ersten und sogar des Zweiten Weltkrieges. Auch bei den „berühmten Persönlichkeiten“ handelt es sich ausschließlich um Politiker und Wissenschaftler, die ohnehin in der Öffentlichkeit seit jeher eher Gehör fanden als Hausfrauen oder Suffragetten. Auch das Tonarchiv des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg hat nur Männerreden gespeichert: de Gaulle, Kennedy, Weizsäcker, Obama: keine Thatcher, keine Golda Meir, keine Benazir Bhutto, keine Indira Ghandi. Selbst die hauseigene Website für Poesie kennt nur männliche Stimmen.
Dabei hat die Geschichte doch ganz anders begonnen. „Die Geschichte der Tonspeicherung beginnt nicht mit Orakeln oder Dichtern“, schrieb Friedrich Kittler 1985, „sondern mit Kinderliedern“ – und zwar wie schon eingangs gesagt, nicht erst mit „Mary had a lamb“, sondern bereits 1860 mit einer Frauenstimme, die „Clair de la lune“ singt. Die späteren Speicherungen denkwürdiger Persönlichkeitsstimmen waren dann, wie bei Bob Vincent, überwiegend entweder männlich politisch oder männlich poetisch. Zwar besitzt das älteste deutschsprachige Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien das früheste Zeugnis einer weiblichen Dichterstimme, eine Aufnahme der Dichterin Marie von Ebner-Eschenbach von 1901 neben der ersten männlichen Stimmaufzeichnung von Hugo von Hofmannstal von 1907; auch ist von Ricarda Huch eine Aufnahme von 1908 überliefert. Aber wirklich begehrt waren in den frühen Studios die markant sprechenden männlichen Dichter, und dies lange vor der Erfindung des Radios.
Das gesprochene Dichterwort hatte mindestens in Deutschland seit der These vom mündlichen Volksgeist im 18. Jahrhundert, und erst recht seit den Brüdern Grimm im 19. Hochkonjunktur. Nicht zufällig handelte auch die erste Programmschrift des George-Kreises 1911 vom mündlichen „Hersagen von Gedichten“; formstrenge Klanggestalt gehörte zum innersten Anliegen des Meisters. So wurden im Hörprogramm der Weimarer Republik dann Dichtersprechsendungen fest etabliert. Sie hießen etwa Der Dichter als Stimme der Zeit oder Junge Erzähler oder Die Stunde der Lebenden oder Jüngste Dichter; brachten aber eben fast ausschließlich männliche Stimmen zu Gehör. Zwar sprachen damals auch Frauen wie Else Lasker-Schüler, Marieluise Fleißer oder Anna Seghers durchaus häufiger im Radio, wurden aber offenbar nicht noch einmal eigens ins Studio zu Nachaufnahmen geladen, was mindestens bis 1929 nötig gewesen wäre.
Aber vermutlich lag es eben nicht wirklich an der technischen Disposition. Auffällig zurückhaltend mit der Frauensprechstimme sind nämlich selbst noch neuere und neueste Sammlungen dieser Art, etwa die Sammlung von Dichterstimmen im Münchner Hörverlag von Hajo Steinert, der Texte aus den 1960er, 70er und 80er Jahren zusammengestellt hat, oder die 2009 erschienene neunteilige Serie Lyrikstimmen, die von 122 Autoren nur 20 weibliche kennt, also weniger als 20%. Derselbe Proporz herrscht auch bei der jüngsten Veröffentlichung 2012 im Hörbuch Verlag: „Erzählerstimmen“, vereint auf 44 CDs Originaltonaufnahmen von 183 Autorinnen und Autoren, mit krasser Unterrepräsentanz der weiblichen Stimmen, was den wenigsten Rezensenten allerdings auffiel.
Nur am Rande sei vermerkt, dass 2005 die Zeitschrift Brigitte einen Gegenversuch startete: Unter dem Titel Starke Stimmen hörte man auf zwölf CDs ausdrücklich nur berühmte Sprecherinnen berühmte Autorinnen lesen, in den Folgejahren wurden die CDs dann aber wieder auf Männer- und Frauenstimmen aufgeteilt – angeblich, weil die meist weiblichen Kunden eben doch lieber Männerstimmen hören. Erklären könnte man dies mit der Tatsache, dass nicht nur Bücher überhaupt, sondern eben auch Hörbücher meist von Frauen konsumiert werden, dass hier also vielleicht ein erotisches Regime entscheidet.
Ähnlich sparsam verfahren nun aber auch historische Internetseiten mit weiblichen Stimmen, also mehr oder minder offizielle digitale Inszenierungen von Sprechgeschichte, wie etwa das österreichische Phonogrammarchiv mit seiner eigenen website zu akustischen Geschichte. Die erste weibliche Sprechstimme taucht hier im Jahr 1932 auf in Gestalt einer Rede von Alma Motzko vor dem Parlament, es war eine Brandrede zur Wirtschaftskrise. Weitere Frauenstimmen gibt es dann erst wieder zehn Jahre später, für die deutsche Besatzung dann ausländisch und deutschfreundlich eine Lale Andersen und eine Zarah Leander, die freilich beide singen. Nur eine Frau darf in diesem Rückblick wirklich sprechen, nämlich Antonia Bruha, Naziopfer in Ravensbrück. Weitere sieben Jahre kennt die österreichische Geschichte offenbar wieder nur Männerstimmen; erst 1947 folgt eine einsame Lesung von Ilse Aichinger; und dann wieder erst zwölf Jahre später, 1959, hört der Betrachter des 21. Jahrhunderts zum erstenmal wieder eine Frau sprechen, Ingeborg Bachmann, und wiederum nach acht Jahren Barbara Frischmuth.
Die erste politische Frauenstimme nach Alma Motzko 1932 stammt nach dem Willen der website-Betreiber von heute überhaupt erst 44 Jahre, also fast ein halbes Jahrhundert später, aus dem Jahr 1976: es spricht hier die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung Hertha Firnberg zum Thema „Partnerschaft für die Frau“.
Die Ausblendung der weiblichen Sprechstimme ließe sich vielleicht noch als skurriler Sonderfall der Historiographie in digitaler und analoger Form hinnehmen, würde sich diese Selektion nicht auch längst in der begleitenden wissenschaftlichen Forschung spiegeln. 1998 erschien von dem Kölner Germanisten Karl-Heinz Göttert Die Geschichte der Stimme. Das 500seitige Buch meidet das gesamte Feld der tönenden Künste, um sich auf die Geschichte der Rhetorik zu konzentrieren. Rhetorik aber, als Kunst der öffentlichen Rede, war immer schon fest in männlichem Munde, ganz wie die Predigt in der Kirche nach dem Wort des heiligen Paulus der Frau zu schweigen gebot: „taceat mulier in ecclesia“. Die weibliche Stimme schafft es als Thema auch nicht bis zur Metaebene, also in die Geschichte der Aufzeichnungskunst. Gleich nach Erscheinen von Götterts Buch kannte auch das Potsdamer Symposion Zur Kultur- und Mediengeschichte der Stimme von 1999 keinen eigenen Vortrag über die weibliche Prosastimme. 2003 erschien vom slowenischen Autor Mladen Dolar eine hochgelobte Studie His Master’s Voice, die zwar Kafka, Freud und Wolfgang von Kempelen mit seinem Schachtürken zusammendachte, also mit einer Automatenstimme, aber von weiblichen Stimmen nichts wissen wollte. Schließlich kennen auch die beiden vorbildlichen Studien von Reinhart Meyer-Kalkus über Stimme und Sprechkünste im 20. Jahrhundert (2001) sowie Lothar Müller zur Geschichte der Vortragskunst von Goethe bis Kafka (2007) praktisch nur Männerstimmen. Nur ein einziger Autor widmete sich im letzten Jahrzehnt wirklich der Frauenstimme: der HalsNasenOhrenarzt Niels Graf Waldersee; „Ach ich fühl’s. Gewalt und hohe Stimme“ hieß das Buch, und man musste sich unbedingt an die Frühzeit der Psychoanalyse erinnert fühlen. Hohe Stimmen, meint Waldersee, verraten Vergewaltigungen aller Art – man fragt sich allerdings, wie die Sirenen zu ihrer Macht kamen und später die Sängerinnen, erst recht mit Wagner und Strauss.
Das Fazit ist umso erstaunlicher, da es seit 1988 doch immerhin ein Standardwerk der amerikanischen Filmhistorikerin Kaja Silverman gab: The Acoustic Mirror. The Female Voice in Psychoanalysis and Cinema2 – eine frühe Arbeit, die zwar völlig auf die damalige französische Dekonstruktion abhob, hierzulande aber erst seit kurzem eine analoge Forschung angeregt hat, wenn auch nur in der Musikgeschichte.3 Immerhin gab es dann seit den 1990er Jahren immer wieder feministische Studien in der „richtigen“, alltagsorientierten Richtung,4 und auch die folgenden Gedankengänge haben erst einmal nichts mit dem Kino zu tun – können und wollen aber durchaus die einschlägige Filmwissenschaft auf den Plan rufen.
Halten wir uns an die Begriffsprägung „primäre und sekundäre Oralität“. Erstere gilt dem unmittelbaren Face-to-Face Kontakt, letztere gibt es in zweierlei Version. Speicherung ist die eine, zur zweiten gehört die lebendige, echtzeitliche Kommunikation, technisch vermittelt, durch Radio und Telefon. Auch die Erfindung des Radios und seiner informationellen Funktion hat zunächst eine männlich konnotierte Rhetorik gepflegt; die Geschichte der Radionachrichten bezeugt es drastisch und international. Während in Deutschland seit 1923 alsbald Ansagerinnen für Kinder- und Frauenfunk auftraten, hat etwa die arabische Welt erst 1959 überhaupt Frauenstimmen in den Medien zugelassen; aber auch die BBC begrenzte auf Ansagerinnen und ließ erst 1960 eine Frau drei Nachrichtenblöcke sprechen, und das auch nur versuchsweise. Die Abwehr der Programmleiter und offenbar auch der Hörer blieb übermächtig, stärker als selbst in Deutschland. Hier gab es vor 1933 fast ausschließlich männliche Nachrichtensprecher. Seit der Radioreform des Propagandaministers Goebbels herrschte ohnehin Hitlers Stimme beispiellos in sämtlichen Haushalten mit Volksempfängern. Während des Krieges, als die Männer zum Heer eingezogen wurden, mussten die Frauen in Deutschland wie auch in England dann doch plötzlich Nachrichten sprechen, so heftig zuvor gegen diese Vorstellung opponiert worden war. Frauen, hieß es, hätten zu hohe Stimmen, könnten Sachverhalte nicht sachlich wiedergeben, besonders nicht traurige, und so fort. Aber alles ging gut, bis die Männer wieder zurückkehrten, und ihre Stellen wieder erhielten.
Erst das Fernsehen nach 1945 ließ erkennen, dass Frauen zwar vielleicht in der akustischen Historiographie fehlen, dafür aber umso lieber visuell erinnert werden. Gerhard Paul hat mit seinem Buch „Das Jahrhundert der Bilder“ – einem visuellen Pendant zu den „Stimmen des 20. Jahrhunderts“ – die entscheidende Differenz vorgestellt; eine Geschichte für Zuschauer statt für Zuhörer konnte die weibliche Hälfte der Menschheit nicht mehr verleugnen. Und trotzdem dauerte es in Deutschland – und nicht etwa in Italien oder in der Sowjetunion – mehrere Jahrzehnte bis zum ersten Auftritt einer Nachrichten sprechenden Frau. 1925 betrug der Anteil der Frauen im deutschen Pressewesen 2,5%; 1930 gab es im Radio nur 4 feste Stellen für Ansagerinnen; alle andern Frauen waren Sekretärinnen. Zwar gab es dann zu Beginn der 1950er Jahre in Deutschland wieder mehrere Ansagerinnen – doch eine Ansagerin war noch keine Nachrichtensprecherin. Sie kam in Deutschland erst 1971 mit Wibke Bruhns in die heute-Sendung des ZDF, während die ARD ihre Tagesschau überhaupt erst 1976 einer Dagmar Berghoff überließ. Letztlich dürfte die visuelle Attraktivität der Sprecherinnen neben ihren Stimmen den Ausschlag gegeben haben – Bundespräsident Carstens verstieg sich jedenfalls zu der Bemerkung, schlechte Nachrichten erfahre er lieber von einer charmanten Frau, das mildere das Ganze doch etwas ab.
Ich komme zum Schluss. Die Geschichte der ins kommunikative Unbewußte abgedrängten Frauenstimme ist weitaus länger als hier skizziert, denn sie reicht tief in die Epoche der Printmedien, ja sogar in die der zelebrierten Redekunst eines homerischen Zeitalters noch vor der Anwendung von Schrift. Eine nachhaltige Episode bildete um 1800 dann die Idee der Brüder Grimm, sich alte Märchen von diversen Frauen erzählen zu lassen, die dann als „Märchen der Brüder Grimm“ galten. Nur zu gerecht, möchte man sagen, dass hundert Jahre später Walt Disney diese Märchen verfilmte, die anschließend dann in den USA als Märchen von Walt Disney galten und den Namen Grimm vergassen. Eine ebenso nachhaltige Episode war die Nutzung der Frauenstimme im frühen telefonischen Verkehr, wo Frauen zwar wirklich eine Prosastimme bekamen, als operator nämlich, aber doch in einer erschreckend automatisierten Form. Die ihrerseits hundert Jahre später als Call girl Stimme eine dialogische Fungibilität erlangte, die in Zeiten von AIDS extrem beansprucht und wichtig wurde. Was gerade die telefonische Nutzung der FrauenProsastimme betraf, so deutete diese aber tatsächlich auf den Nerv weiblichen Sprechens – also weder Singens, noch Flüsterns, noch Kreischens wie im Profil der Hysterika. Telefonvermittlung, im Hollywood der vierziger Jahre ein Filmmotiv, zeigte die Frau als verkörperte dialogische Synapse der sozialen Welt. Eine Rolle, die seither immer weiter angewachsen ist und heute in den Moderatorinnen der Talkshow Generationen strahlende Beispiele. Das unsere wichtigsten Moderatorinnen und Nachrichtensprecherinnen sich zum Teil seit 20 Jahr auf dem Bildschirm behaupten, zeugt von einer späten Rache für dreitausend Jahren Untergrundexistenz.
1 Francis Dyson: „The Genealogy of the Radio Voice“. In: Daina Augaitis u. a. (Hg.): Radio Rethink. Banff (Alberta): Centre Press 1994, S. 167–186.
2 Kaja Silverman: The Acoustic Mirror. The Female Voice in Psychoanalysis and Cinema. Bloomington/Indianapolis: Indiana University Press 1988. Silverman setzt sich vor allem mit Julia Kristeva und Helène Cixous auseinander, denen sie Derridaschen Logozentrismus vorwirft; vgl. Derrida: Die Stimme und das Phänomen. Frankfurt (M): Suhrkamp 1979.
3 Corinna Herr: „Musik und Geschlechterkonstruktionen“. In: Musik und kulturelle Identität, hg. v. Detlev Altenburg, Christoph Meixner. Kassel: Bärenreiter 2005.
4 Christa Heilmann (Hg.): Frauensprechen – Männersprechen. Geschlechtsspezifisches Sprechverhalten. München/Basel: Reinhardt 1995; Senta Trömel-Plötz (Hg.): Gewalt durch Sprache. Die Vergewaltigung von Frauen in Gesprächen. Wien: Milena Verlag 2004; Janet Holmes/Miriam Meyerhoff (Hg.): The Handbook of Language and Gender. Oxford u. a.: Blackwell 2003. Vgl. ferner Judith Baxter (Hg.): Speaking Out: The Female Voice in Public Contexts. New York: Palgrave 2006.
Claudia Schmölders
Vortrag am Hörstadt Symposion 2013, Linz (Version 26. August 2013)